Restaurationsbericht: The Addams Family
08.05.2025
Restauration eines Klassikers: Teil 1 eines Flipperprojekts
Vor rund zehn Jahren wechselte ein betagter Flipperautomat den Besitzer – zuletzt stand er in einem Partykeller, davor hatte er offenbar ein bewegtes Dasein in einer italienischen Kneipe hinter sich. Die ursprüngliche Herkunft ließ sich nicht eindeutig klären, doch alte Bierdeckel im Gehäuse deuteten auf Koblenz als mögliche erste Station hin.
Der Zustand bei der Übernahme entsprach dem bewegten Lebenslauf: Das Display war defekt, Gummiteile brüchig oder bereits zerfallen, mehrere Lampen ausgefallen, und das gesamte Gerät war von einer hartnäckigen Schicht aus Nikotin, Schmutz und Staub überzogen. Besonders das Spielfeld zeigte deutliche Gebrauchsspuren – starke Abspielungen im Bereich der Bumper und um die Inserts herum waren unübersehbar.
Eine einfache Reinigung reichte hier nicht aus. Ziel der Restauration war es, den Automaten in einen Zustand zu versetzen, der dem Original so nah wie möglich kommt – in technischer wie auch optischer Hinsicht. Wo immer es möglich war, sollten originale Komponenten erhalten oder aufgearbeitet werden. Ersatzteile kamen nur dann zum Einsatz, wenn die Originalteile irreparabel beschädigt oder verschlissen waren.
Bereits bei der ersten Bestandsaufnahme stieß man auf ein besonderes Fundstück: ein originalverpackter Ersatzgummisatz aus dem Jahr 1992 – sogenannter NOS („New Old Stock“). Auf den ersten Blick eine kleine Sensation, erwies sich der Satz jedoch als unbrauchbar – das Material war so gealtert, dass es bei der kleinsten Berührung zerbröselte. Ein schönes, wenn auch nicht mehr funktionales Zeitdokument.
Demontage, Rost und eine erste Enttäuschung
Nach einigen letzten Testspielen zeigte sich: Technisch lief der Automat grundsätzlich stabil – aber wirkliches Spielvergnügen wollte nicht aufkommen. Fehlende Gummis, schwache Flippermechaniken, defekte Birnchen und ein nicht funktionierendes Display sorgten für ein eher tristes Spielerlebnis. Zudem war der Automat durch Jahrzehnte der Vernachlässigung stark verschmutzt – mit einem typischen Geruchsgemisch aus Keller, Nikotin und alt gewordenem Kunststoff.
Die Entscheidung zur vollständigen Zerlegung lag daher auf der Hand. Dabei wurde schnell klar, dass an vielen Stellen Rost und Korrosion ganze Arbeit geleistet hatten – besonders an Schrauben, Blechteilen und mechanischen Baugruppen. Der Verdacht: Der Automat könnte einst in einem feuchten Umfeld gestanden haben, möglicherweise sogar in Hochwassernähe, etwa an der Mosel.
Erfreulicherweise befanden sich das Gehäuse sowie das Spielfeld aus Holz noch in sehr gutem Zustand – keine Aufquellungen, Risse oder Verformungen. Die Demontage erfolgte deshalb systematisch, inklusive umfangreicher Fotodokumentation zur späteren Wiederherstellung. Viele der Metallteile waren so stark von Zinkfraß betroffen, dass selbst ein Tumbler keine Rettung mehr brachte. Eine Verzinkung schien die beste Option – ein bewährter Weg aus früheren Restaurationsprojekten.
Doch diesmal lief es nicht wie erhofft: Einige der eingesendeten Teile gingen im Verzinkungsbetrieb verloren – darunter leider auch spezielle Baugruppen, die seit Jahrzehnten nicht mehr produziert werden und nur noch schwer, meist über internationale Quellen, erhältlich sind. Eine aufwendige Suche begann, oft mit Erfolg: Die meisten Ersatzteile konnten – zumeist aus den USA – wieder beschafft werden. Die zusätzlichen Kosten übernahm der Verzinkungsbetrieb.
Reinigung mit unkonventionellen Methoden
Während der intensiven Reinigungsphase wurde improvisiert – und das mit überraschend gutem Ergebnis. In Abwesenheit der Mitbewohnerin wurde kurzerhand die Küche zur Werkstatt umfunktioniert: Platinen, Rampen, Kabelbäume – alles, was sich nicht aktiv widersetzte, wanderte in die Spülmaschine. Anschließend wurden die Platinen im Backofen bei moderater Temperatur (ca. 40–50 °C) schonend getrocknet – ein Verfahren, das sich bei sachgemäßer Anwendung als effektiv und rückstandsfrei erwies.
Die Backbox wurde ebenfalls gründlich überarbeitet: Nikotinreste entfernt, Innen- und Außenseiten geschliffen, neu lackiert und anschließend mit neuen, passgenau angebrachten Decals versehen. Nach Abschluss dieser Schritte konnte der Zusammenbau der gereinigten Bauteile beginnen.
Spielfeld, Airbrush und ein langer Stillstand
Nach dem vollständigen Abbau des Spielfelds folgte die Reinigung und Politur mit 3M Finesse-it. Trotz der Gebrauchsspuren war der Zustand insgesamt besser als erwartet. Die bekannten Abnutzungen rund um die Bumper und feine Risse in den Inserts waren zwar sichtbar, aber gut dokumentierbar.
Dann folgte eine längere Pause – ganze zehn Jahre ruhte das Projekt, unterbrochen nur durch gelegentliche Mahnungen von Vereinskollegen. Erst kürzlich wurde die Arbeit wieder aufgenommen.
Für die aufwendige Airbrush-Arbeit wurde das Spielfeld zunächst digitalisiert, um exakte Schablonen zu erstellen. Diese wurden mit einem Schneideplotter produziert und auf das Spielfeld aufgebracht, um punktgenaue, saubere Farbarbeiten zu ermöglichen. Besonders knifflig war das Mischen der passenden Farbtöne, um bestehende Lackflächen harmonisch zu ergänzen. Teilweise mussten mehrere Airbrush-Schritte durch Zwischenschichten aus Klarlack und Trocknungszeiten ergänzt werden, um ein sauberes, haltbares Ergebnis zu erzielen – ohne sichtbare Höhenunterschiede oder Farbabweichungen.
Die Klarlackierung erfolgte durch eine spezialisierte Autolackiererei mit hochwertigem 2K-Klarlack, der bei Raumtemperatur trocknet. Dieses Verfahren reduziert Spannungen zwischen Holz und Kunststoff-Inserts und verringert das Risiko von sogenanntem Ghosting. Das Ergebnis: Ein spiegelglattes Spielfeld mit hoher Haltbarkeit und authentischer Optik – ein echtes Highlight in jeder Restauration.